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Fahrt nach Neuwerk

Direkt vor unserer Haustür, vor den Stränden von Cuxhaven und der Wurster Nordseeküste liegt die Insel Neuwerk und wartet darauf, per Kajak „erobert“ zu werden. So zumindest mein Gefühl: Oft genug war ich im Wattenmeer paddeln und habe mir gedacht "da willst Du jetzt gerne hin". Dieses Jahr über Ostern war es dann endlich so weit. Wind, Wetter und Gezeiten waren auf meiner Seite! Zusammen mit zwei Paddlern eines befreundeten Hamburger Vereins haben wir am Strand von Cuxhaven-Sahlenburg unsere Kajaks gepackt und uns aufgemacht, Neuwerk zu erkunden.

Je nach Route ist die Überfahrt 8 bis 12 oder noch mehr Seemeilen lang - längere Routen sind im Wattenmeer immer möglich. Neben der Distanz - man paddelt in jedem Fall mindestens 2, eher 2,5 Stunden auf der offenen Nordsee - sind die weitläufigen Vogel- und Robbenschutzgebiete rund um Neuwerk eines der Details, die die Überfahrt relativ interessant machen. Einsetzen und auf direktem Wege nach Neuwerk paddeln ist nicht gestattet, und im Interesse des guten Miteinanders und des Schutzzweckes des Nationalparks sollten wir Paddler uns da auch dran halten.

Neuwerk

Navigatorisch bedeutet das entweder GPS-Navigation oder - meine bevorzugte Variante - "Old School" mit Kompass- und Sichtpeilung und Seekarte. Denn lang nicht jeder Priggenstrang, der in der Seekarte verzeichnet ist und erlaubte Fahrwässer markieren soll ist auch ganzjährig ausgelegt. Also sind wir unter Einberechnung der Strömungsdrift über den Prielen für eine vorher überlegte Zeit einen Kompasskurs gepaddelt - oder so lange bis eine rausgesuchte Peilung "stand". Navigationshandwerk vom Feinsten, so hab ich es gern.

Das Zeitfenster, um innerhalb einer Tide das Ziel zu erreichen ist relativ eng. Auch wenn die zahlreichen (und neugierigen) Seehunde zu ausgedehnten Beobachtungspausen verleiten wollten wir den Zeitplan nicht aus den Augen verlieren, um nicht kurz vor dem Ziel "op Schiet" zu sitzen, sonst schafft es nicht mehr mit Wasser unter dem Kajak Kiel bis in den Hafen.

Anlandepunkte auf Neuwerk gibt es mehrere. Bei Hochwasser gibt es den Sportboothafen und die Rampe für die Wattwagen. Der Schiffsanleger, an dem das Ausflugsschiff anlegt, bietet eine breiteres Zeitfenster und einen schönen Sandstrand zum Anlanden. Für diesen haben wir uns dann auch entschieden: Sand statt Schlick, auch wenn das bedeutete, die Kajaks die Böschung hoch zu hieven und durch einen recht schmalen Durchlass im Zaunzu bugsieren.

Neuwerk

Wir haben auf der Zeltwiese des Gasthofs „Hus achtern Diek“ übernachtet - um vom Ausstieg dorthin zu gelangen war der Bootswagen unersetzlich. Dafür wurden wir mit einem tollen Sternenhimmel und tausenden von Wildgänsen rund um uns herum belohnt. Neben den gewohnten Kanada- und Nonnengänsen haben über Ostern auch große Gruppen Ringelgänse Neuwerk als Rastplatz auf ihrem Zug besucht.

Der Tidengott wollte es, dass wir am nächsten Tag erst mittags genug Wasser im Watt hatten, um die Rückfahrt anzutreten. Also hatten wir Zeit für eine ausgedehnte Inselerkundung zu Fuß über das von der Morgensonne in güldenes Licht getauchte Nordvorland.

Für die Rückfahrt nach Cuxhaven hat der Wind freundlicherweise von Ost auf Nord gedreht, so dass wir auch weiterhin nicht gegen den Wind anpaddeln mussten. Sobald wir den Hauptpriel erreicht hatten ging es mit von achtern schiebender Strömung ziemlich flott dahin, so dass wir pünktlich mit Hochwasser den Strand in Sahlenburg erreicht haben und damit das Bootsschleppen durchs Watt sparen konnten.

Fazit: die Überfahrt nach Neuwerk ist ein tolles Erlebnis, wenn man das Timing richtig trifft. Ich möchte definitiv noch ein paar weitere Routen testen, um den im Sommer nicht wirklich gut zugänglichen Badestrand von Sahlenburg zu umgehen und um eine ausgedehntere Watt-Tour mit Trockenfallen zu erkunden. Und dann heißt es wieder, wie so oft bei mir: ab ins Watt!

Lars Klüser