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Reviertipp: Die Ostemündung

Eine unterschätzte Perle zum Paddeln an der Niederelbe ist die Ostemündung. Das kleine urige Dörfchen Neuhaus bietet mit dem historischen Hafen an der Rönne einen idealen Ausgangspunkt zur Erkundung dieses herrlichen Reviers. Man kann (nahezu) tidenunabhängig entweder an der kleinen Slipanlage oder am eigens angelegten Kanusteg am Westende der Steganlage einsetzen. Da der historische Hafen der Gemeinde Neuhaus gehört und nicht etwa einem (Segel-) Verein, ist gebühren- und stressfreies Einsetzen mit dem Kajak hier kein Problem. Die Neuhäuser sind sowohl neugierig als auch hilfsbereit, wenn man mit dem Kajak ankommt. Mit dem Auto bis an den Steg fahren, um das Boot abzuladen? Kein Problem! Nur dauerhaft parken sollte man nicht im Hafenbereich, um das freundliche Miteinander nicht zu gefährden. Aber auch das ist kein Problem: auf der anderen Straßenseite hinter dem Deich ist ein großer, schattiger Parkplatz, wo das Auto während der Paddeltour hervorragend steht.

Ostemündung 2020

Einmal im Wasser geht es auf der beschaulichen Rönne einen halben Kilometer in Richtung Oste. Die Mündung der Rönne ist zwischen hohem Schilf versteckt und von der Oste aus nicht so ohne weiteres auszumachen. Merkt Euch den Abzweig für den Rückweg, Neuhaus ist der Hafen, der nicht gefunden werden kann (außer von denen die wissen, wo er liegt)! Angeblich ankerte hier schon Klaus Störtebeker und versteckte sich vor den Hamburger Koggen...

Am Ende der Rönne biegen wir links ab in Richtung Ostemündung. Schnell ist das Sturmflutsperrwerk der Oste in Sicht. Zwischen den Pfeilern der Fluttore strömt die Oste flott dahin - bis zu 4 Knoten Tidenstrom sind hier möglich! Am Rand haltend ist eine Durchquerung aber auch bei gegenanlaufendem Strom problemlos möglich, wenn eine Hochwasserbefahrung des Mündungsästuars geplant ist. Unmittelbar hinter dem Sperrwerk weitet sich die Oste und man hat das Gefühl, sie würde direkt in die Nordsee münden. Allerdings keinesfalls auf direktem Wege: Tonnen und Priggen weisen den Weg des Flussbetts in wilden Kehren und Schlenkern auf dem Weg zur Elbe. Selbst mit dem Kajak sind allzu große Abkürzungen nicht empfehlenswert, schnell sitzt man „op Schiet“. Beide Ufer sowie die Wattflächen in der Ostemündung sind Naturschutzgebiet. Rechtsufrig liegt das Naturschutzgebiet „Elbe und Inseln“ im Landkreis Stade, linksufrig das Naturschutzgebiet „Hadelner und Belumer Außendeich“. Wie es in Deutschland üblich ist, gelten in beiden Naturschutzgebieten leicht unterschiedliche Regelungen... Das gilt auch für die große Sandbank, die die Oste hier von der Elbe trennt, das Osteriff. Der größere Teil liegt im Landkreis Stade, der kleinere westliche Teil im Landkreis Cuxhaven. In diesem Teil gibt es einige Sonderregelungen, die das Trockenfallen ermöglichen.

An den Uferbereichen und auf den Wattflächen der Ostemündung lassen sich viele auch seltene Vogelarten beobachten: Eine große Kolonie Säbelschnäbler teilt sich das Gebiet mit brütenden Seeschwalben, Austernfischern, Uferläufern, Rotschenkeln, Kiebitzen und vielen anderen gefiederten Bewohnern. Das absolute Highlight der Vogelwelt ist sicherlich der Seeadler, der üblicherweise auf einer der Backbordpriggen sitzt. Auch auf dem Osteriff stehen bei Niedrigwasser häufig mehrere Seeadler. Als wäre das noch nicht genug, wird das Osteriff und der Mündungsbereich der Oste von einer Gruppe sehr entspannter Seehunde bewohnt. Diese schauen kaum auf, wenn man sie in 10 Metern Abstand mit dem Kajak passiert. Und wenn doch, dann um ins Wasser zu gleiten und näher heranzuschwimmen um zu schauen, was das für große bunte Robben sind, die da vorbeikommen...

Ostemündung 2020

Ungefähr bei Tonne 39 mündet die Oste schließlich in die Elbe – oder besser gesagt in den Mündungstrichter der Elbe. Sieht man rechterhand noch die Industrieanlagen von Brunsbüttel und linkerhand dem Elbufer folgend Cuxhaven, so ist voraus nichts weiter als Wasser. Immerhin ist die Elbe hier bereits 18 Kilometer breit und das Wasser bereits merklich salzhaltig. Verlässt man Neuhaus mit ablaufender Tide und ausreichender Zeit, kann man aus der Oste kommend das Elbfahrwasser queren und zur Neufelder Reede paddeln. Mit dem letzten Ebbstrom erreicht man auf westlichem Kurs die große Sandbank Medemgrund. Diese Sandbank nennt eine weitere große Seehundkolonie ihr Zuhause, die auch das Ziel der Schiffe der Reederei Cassen Eils aus Cuxhaven ist. Da der Medemgrund nicht im Nationalpark liegt, ist Anlanden hier problemlos möglich – natürlich unter Beachtung der Regeln für angebrachtes Verhalten an Seehundkolonien. Auf dem Rückweg lohnt es sich, bei Altenbruch bereits das Elbfahrwasser zu queren und vor Otterndorf bei westlichen Winden die Wellen entlang des Südufers der Elbe zu genießen.

Ostemündung 2020

Die Einfahrt in die Ostemündung ist nicht zu verfehlen, bei Niedrigwasser sind auch die Tonnen und Priggen nicht unbedingt notwendig, um seinen Weg durch das Mündungslabyrinth zu finden. Und wenn man sich gemerkt hat, wo die Rönne in die Oste mündet findet man auch den historischen Hafen von Neuhaus wieder. Beim Einlaufen bietet die Kulisse des historischen Dorfkerns ein großartiges abschließendes Bild eines immer wieder begeisternden Paddelreviers.

Lars